Lehre im 2 Bildungsweg
Lehre im 2 Bildungsweg
# Lehre im 2 Bildungsweg
## Erfahrungsbericht eines Selbstversuches
Thomas Petsch, zuständig am BFI für die Technisch gewerbliche Abendschule für Werkmeisterausbildung (TGA) und die Ingenieurszertifizierung, macht einen Rollenwechsel vom Lehrer zum Schüler: Denn er macht eine Lehre im zweiten Bildungsweg.
Von Thomas Petsch (Gastautor:in) | 01.08.2019
iStock.com/tumsasedgars
Nach einem Studium für Pädagogik, meiner 10-jährigen Erfahrung in der Überbetrieblichen Lehrausbildung, meiner Tätigkeit als Pädagogischer Leiter einer Fahrlehrerakademie, sowie mittlerweile 12 Jahren Berufspraxis als Fahrschullehrer und langjähriger Berufserfahrung im Bildungsmanagement am [BFI](https://www.bfi-sbg.at/ausbildungen?gclid=CjwKCAjwm4rqBRBUEiwAwaWjjOt41m...), begleiten mich Themen wie E-Learning, Lebenslanges Lernen und Fachkräfteausbildung schon seit vielen Jahren.
Aufgrund meines technischen Interesses und meiner handwerklichen Fähigkeiten habe ich mich im November 2018 zu einer 12 Monatigen Bildungskarenz entschieden, in welcher ich eine Lehre über den 2. Bildungsweg begonnen habe.
Ich besuche in dieser Zeit alle vier Klassen der Berufsschule für Kraftfahrzeugtechnik. So sitze ich als 39-jähriger wieder täglich bis zu acht Unterrichtsstunden in der Schule mit Jugendlichen unterschiedlichen Alters und erlebe die Entwicklung, die junge Menschen in der Phase ihrer Lehre durchmachen. Alle 10 Wochen treffe ich eine neue Klasse mit neuen Mitschülern, und in jeder Klasse zeigt sich ein anderes Verhalten aufgrund der unterschiedlichen Altersstufen.
Für mich als Vater ist es lustig zu sehen, wie mein Sohn gerade in der Volksschule seine ersten Erfahrungen mit dem Schulsystem sammelt und wir „Großen“ uns parallel dazu gegenseitig zum Lernen motivieren.
So sitze ich als 39-jähriger wieder täglich bis zu 8 Unterrichtsstunden in der Schule mit Jugendlichen unterschiedlichen Alters und erlebe die Entwicklung, die junge Menschen in der Phase ihrer Lehre durchmachen.
Foto: privat
Ich erlebe, wie sich Jugendlichen zu unterschiedlichsten Themen ihre Meinung bilden und sich diese auch oftmals ändert, wie sie lernen und lernen möchten, aber auch wo Defizite auftreten, wodurch manche Lehrlinge in Bedrängnis geraten und das Schulsystem und die Lehrer dementsprechend fordern. Nebenbei ist es sehr aufschlussreich zu erfahren, was sie sich von ihrer Ausbildung erwarten oder auch wünschen und wie sie sich ihre berufliche Zukunft vorstellen. All das interessiert mich als Erziehungswissenschafter.
Aufgrund dieser wertvollen Erfahrungen möchte ich später Lehrlingen weiterhelfen, ihre berufliche Ausbildung erfolgreich zu absolvieren.
### Was ich über Fähigkeiten gelernt habe …
Das Thema "Lebenslanges Lernen" stellt in der heutigen Zeit eine Kompetenz dar, die dem Wandel der Entwicklung Rechnung trägt und im Zuge der Digitalisierung immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Einerseits stelle ich in meiner Zeit in der Schule fest, dass eine der wichtigsten Kompetenzen bei jungen Menschen immer weniger vorhanden ist, nämlich das Lernen an sich. Lernen ist für manche Mitschüler_innen schwer bis nicht möglich, sie kämpfen um das Überstehen einer Klasse, da sie nicht wissen, wie sie richtig lernen können.
Aber auch die "digitale Grundkompetenz" scheint oft nur ein theoretisches Konstrukt zu sein - allseits bekannt und erwünscht, doch in der Praxis klafft gerade hier eine große Lücke auf.
Die Generation, die [Digital Native](https://www.bildungsbuch.at/artikel/geboren-als-digital-native/) sein soll, versteht es gut, sich im Internet und Social Media zu präsentieren. Die Kenntnisse jedoch, welche in der Arbeitswelt erforderlich sind, wie das Gestalten von Texten oder Bearbeiten einer Exceldatei lassen mich an dieser Bezeichnung zweifeln und zeigen Entwicklungspotential.
### … und über den Arbeitsmarkt
Andererseits merke ich auch bei der Suche nach einem Betrieb für meine praktische Ausbildung, dass es nicht so leicht ist:
Trotz herrschenden Fachkräftemangel gab mir noch kein Betrieb die Chance, meine duale Ausbildung nach der Berufsschule fortzusetzen. Sowohl mein Alter als auch meine bisherige Bildungsbiografie scheinen die Entscheidungsträger zu verunsichern.
Mit einer unterstützenden Familie im Hintergrund, Motivation und Interesse für den Beruf erscheint es mir möglich, selbst mit 39 noch einmal von vorne zu beginnen und einen technischen Grundberuf zu erlernen und so den Schreibtisch gegen eine Arbeitskluft einzutauschen.
Denn eines ist sicher: Lernen und sich (weiter-)bilden bzw. qualifizieren, bedeutet sich auch aus seiner "Komfortzone" heraus zu wagen, offen für Neues zu sein und sich den Herausforderungen der Arbeitswelt zu stellen, um schlussendlich einer Stufe weiter zu kommen.
[](https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)
Dieser Text ist unter [CC BY 4.0 International](https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/) lizenziert.
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